London (www.tenbagger-report.de) – Die führende deutsche Luftfahrtgesellschaft Deutsche Lufthansa Group (WKN: A0D94M) steht wegen dem Coronavirus, der zur Streichung von 95 Prozent aller Flüge führte, möglicherweise kurz davor ihren seit 1997 erreichten Status als eine der erfolgreichsten europäischen Airlines und seither vollständig privatisiertes Unternehmen wieder zu verlieren.
Die Optionen sind zurzeit unüberschaubar. Von einer Rettung durch den Staat, mittels hoch bis niedrig verzinster Überbrückungskredite und Beteiligung, in Form einer Teil- oder Voll-Verstaatlichung, mit und ohne Mitspracherecht oder wie es vom Vorstand ebenfalls in den Raum gestellt wurde, in letzter Konsequenz, die Insolvenz, sind allesamt realistische Szenarien.
Will der CEO den Bankrott abwenden oder forcieren?
Wenn wir weltweit gegen die drei großen Airline-Konzerne in den USA, China und der Golfregion konkurrieren wollen, dann können wir dies nur als europäischer Airline-Konzern tun.
Carsten Spohr, CEO der Deutsche Lufthansa Group AG
Die Frage ist, ob wir den Bankrott vermeiden können.
Das erwartete Rettungspaket der Bundesregierung lässt wenig Luft für die Aktie
Laut dem Nachrichtenmagazin „der Spiegel“ sickerte Ende letzter Woche die Information durch, wonach sich die Bundesregierung mit 5,5 Milliarden Euro engagieren will, mittels einer „stillen Beteiligung“, die aber auch eine Garantiedividende von 9% jährlich mitbringt. Darüber hinaus sollten 3,5 Milliarden Euro Hilfsgelder über die KfW fließen. Zusammen mit den schon zum Jahresende 2019 bilanzierten über 6,7 Milliarden Nettoverschuldung, wären das schon fast 15 Milliarden Euro, die gegen die Marktkapitalisierung drücken, die zurzeit bei 4 Milliarden Euro liegt und ungefähr das vorhandene Nettoliquiditätsniveau abbilden dürfte.
Gehört die Enteignung der Lufthansa Rentner zum Kalkül?
Früher war ein Pilotensitz oder eine Anstellung bei der Lufthansa ein Garant für die sichere Altersvorsorge. Im Gegenzug konnte sich die Geschäftsführung darauf verlassen, dass die Lufthansa Mitarbeiter loyal blieben und stets ihr Bestes gaben.
Doch wie in den USA und anderen angelsächsischen Ländern gehört es in Deutschland mittlerweile längst zum guten Ton, die Interessen der Kapitalgeber weit vor denen der Belegschaft zu stellen und sich nach Möglichkeit, der langfristigen Pensionsverbindlichkeiten zu entledigen.
Darum sollten Anleger beachten, dass die Lufthansa als Traditionskonzern mit langer Historie ist und sich über die Jahre Pensionsrückstellungen von weiteren 6,7 Milliarden gebildet haben. Diese seien mindestens gefährdet.
Denn eine „Insolvenz könnte zum Totalschaden für das Betriebsrenten-System werden„, berichtet das der Informationsdienst „Versicherungswirtschaft-Heute„.
Laut Analysten bleibt wenig Raum für steigende Kurse
Analytisch und fundamental betrachtet, fällt es Anlegern darum schwer, unter den gegenwärtigen Umständen und diesen Prämissen, zu einem fairen Kurs zu finden. Rein optisch sieht die Aktie, nach dem Kurssturz um -75% zwar günstig aus. Doch angesichts der Horrorsummen, die der Kranich stemmen müsste, tun sich die meisten Analysten zurecht unglaublich schwer, um für die Lufthansa-Aktie eine künftige Kurssteigerung abzuleiten.
Die Citigroup sah bereits Ende März, vor den aktuellen Diskussionen, einen akuten Finanzbedarf von 4,5 Milliarden Euro und ein Kursziel von 0,50 Euro pro Aktie, was beinahe einem Totalverlust entspräche. Jüngst hat auch Goldman Sachs am Donnerstag letzter Woche seine „Sell“ (Verkaufen) Einstufung erneuert und das Kursziel von 9,70 auf 6,10 Euro gesenkt.
Täglich fressen sich die Verluste durch die Substanz
Aktuell wollen wir uns nicht an Spekulationen beteiligen, welche Variante für die Lufthansa am realistischsten wäre. Denn so lange praktisch alle Passagier-Flugzeuge am Boden bleiben, nagen die laufenden Kosten des Konzerns täglich an der Substanz.
Es fällt einem Journalisten zurzeit leicht, die Lufthansa oder den CEO für seine geäußerten „Insolvenzpläne“ zu kritisieren. Eines ist aber klar: Beim Aufbau von schätzungsweise 4 Milliarden Euro an Barreserven, handelte der Vorstand, mit einem nun rückblickend feststellbaren vorausschauenden Weitblick, den so nur wenige Airlines an den Tag legten.
Dass der Fluglinienbetrieb ein zyklisches Geschäft ist, wusste der Vorstand und bereitete das Unternehmen rechtzeitig darauf vor und das in einer Zeit, in der von dem Coronavirus noch nichts zu spüren war.
Währenddessen wurde parallel, auch durch Übernahmen wie Air Berlin, eine Expansionsstrategie verfolgt. In diesem Umfeld den Aufbau von Liquidität zu bewerkstelligen und gleichzeitig monopolartige Strukturen zu schaffen und alles unter einen Hut zu bringen, ist durchaus als genial zu bezeichnen.
Trotzdem hängt nun nicht nur ein, sondern gleich mehrere Damoklesschwerter über der Lufthansa-Aktie. Eine Verstaatlichung, eine stark verwässernde Kapitalerhöhung, die „geordnete“ Insolvenz mittels des so genannten Rettungsschirms, wie er in ähnlicher Form für Banken- und Finanzwerte in der großen Finanzkrise 2008 geschaffen wurde.
Die Wartungssparte als Hoffnungsschimmer oder Strohhalm?
Außer dem zurzeit von der Coronavirus zum „Pleitegeier“ degradierten Flugbetrieb gibt es bei näherer Betrachtung trotzdem noch erhebliches Tafelsilber, im Konzern. Einem früheren Bericht von Bloomberg-Intelligence zufolge, besitzt die Wartungssparte einen mutmaßlichen Unternehmenswert von bis zu 7,5 Milliarden Euro. Während der Lufthansa-Konzern an der Börse derzeit mit nur 4 Milliarden Euro bewertet wird.
Noch vor dem Ausbruch des Coronavirus hieß es, die Geschäftsleitung würde an einem Umbau ihrer Konzernstruktur arbeiten, bei der einzelne Teile ausgegliedert und innerhalb einer Holdingstruktur gehalten würden. So ließen sich womöglich noch einige „stille Reserven“ heben, die einen Bankrott in letzter Minute abwenden könnten.
Einige Anleger scheinen darauf zu hoffen und sehen keinen abgestürzten Kranich, sondern einen Phönix, der aus der Asche auferstehen könnte. Eine Spekulation, die mit Sicherheit legitim bleibt, auch wenn sich die Chancen in den letzten Tagen eher weiter eingetrübt haben.
Lange ist es her, 1982 war die Lufthansa noch ein zum Teil ein in staatlicher Hand gehaltenes Unternehmen. Der Bund hielt seit dem ersten Börsengang 1966 zwischen 50 und 34 Prozent der Aktien, die im zweiten Börsengang, im Jahre 1997, vollständig privatisiert wurden.
Wir tun uns schwer bei der aktuellen, unvorhersehbaren Lage, eine Meinung und Einschätzung zur Aktie zu geben und verweisen auf die zahlreichen Unsicherheiten, die auf Anleger lauern könnten.
Zunächst deutet aber die Rabattschlacht bei den ebenfalls börsennotierten Anleihen, wie der Lufthansa-Anleihe (2075), mit der unglaublich klingenden Laufzeit bis 12.8.2075, die bei einer festen Verzinsung von 5,125% Kupon, bei rund 80% des Nominalwertes notiert an, dass die Suppe für die Aktionäre sehr dünn ausfallen dürfte.
Wenn die Bundesregierung den Wünschen des Vorstandes nicht näher kommt, wofür es eigentlich kaum ausreichend Gründe gibt, weil der Bund schließlich die Interessen seiner Steuerzahler und nicht irgendwelcher Lufthansa-Aktionäre vertreten muss, sehen wir eher schwarz. Auf der anderen Seite, fragt man sich auch, warum die Bundesregierung der Lufthansa, diese Suppe eingebrockt hat, ohne sie auszulöffeln und ebenso fragt man sich weshalb die Lufthansa, trotz offensichtlicher Gefahren für ihr Geschäftsmodell infolge eines längst erwartbaren Seuschenausbruchs, keine „Pandemie-Versicherung“ abgeschlossen hat?
Es bleibt uns zunächst nur ein Hoffnungsschimmer und zur weiteren Unterhaltung dieses Lied der Band „Lusthansa„, einem fast vergessenen Hit, der Neuen Deutschen Welle zu senden:
„Lusthansa“ Nix neues in Poona oder doch?